Am 6. Juli um 11.30 Uhr lädt das Institut für Stadtgeschichte in Zusammenarbeit mit dem Arye Maimon-Institut für Geschichte der Juden (Universität Trier) ein zur öffentlichen Präsentation der Regesten zur Geschichte der Juden in der Reichsstadt Frankfurt am Main, deren zweiter Band (15201616) nunmehr im Druck vorliegt. Damit ist ein Lebenswerk des langjährigen Direktors des Frankfurter Stadtarchivs Dr. Dietrich Andernacht ( 1996) endlich abschließend publiziert.
Spätestens seit dem 12. Jahrhundert gab es in Frankfurt eine jüdische Niederlassung. Die große Judengemeinde des späten Mittelalters gewann noch dadurch an Bedeutung, dass sie anders als die meisten Judenschaften der benachbarten Städte und Regionen im 15. Jahrhundert nicht vertrieben wurde. In der 1462 eingerichteten Judengasse, deren Bevölkerungszahl sich im Verlauf des 16. Jahrhunderts auf ca. 2200 Personen verzehnfachte, konzentrierte sich das jüdische Leben im Westen des Reiches. Die Regesten sind deshalb eine historische Quelle ersten Ranges, deren Bedeutung weit über die Geschichte einer lokalen Judenschaft hinausweist. Sie betreffen die Sozial-, Wirtschafts und Verfassungsgeschichte der Reichsstadt und der Region und bieten wichtige Einblicke in die Beziehungen der Reichsstadt Frankfurt sowie der Juden des Reiches zu Kaisern und Fürsten.
Schon in den Fünfzigerjahren hatte Dietrich Andernacht mit der systematischen Erschließung der reichhaltigen Quellen zur Geschichte der bedeutenden Frankfurter Judengemeinde begonnen ein aufwändiges Werk für einen einzelnen Gelehrten, das hauptsächlich außerhalb seiner Dienstzeit entstand. Der langjährige Direktor des Frankfurter Stadtarchivs zählte darüber hinaus zu den frühesten und wichtigsten Ansprechpartnern für israelische Historiker in Deutschland. Aus diesen Kontakten erwuchs auch seine Mitarbeit an dem Standardwerk Germania Judaica III. Die Publikation von Teil 1 seiner Regesten (14011519, in 3 Bänden) konnte er 1996 noch erleben. Nach Dietrich Andernachts Tod hat seine Witwe Helga die Publikation der Regesten für den Zeitraum von 1520 bs 1616 aus dem Nachlass besorgt. Die Drucklegung wurde unterstützt vom Trierer Arye Maimon-Institut für Geschichte der Juden in Verbindung mit der Gesellschaft zur Erforschung der Geschichte der Juden e. V. und dem Institut für Stadtgeschichte Frankfurt am Main; gefördert wurde die Publikation durch die Georg und Franziska Speyersche Hochschulstiftung.
Die beiden Bände des zweiten Teils enthalten insgesamt fast 5000 Regesten, wovon etwa 650 Stücke allein auf die Dokumentation des Fettmilch-Aufstandes von 1613/14 entfallen. Die Regesten sind durch ausführliche Orts‑, Personen- und Sachregister (von Aberglaube bis Zunft- und Gewerbeordnungen) erschlossen. Zusammen mit dem älteren Urkundenbuch Isidor Kracauers und mit dem ersten Teil der Regesten (über 4200 Stücke) ist damit die Quellengrundlage für die Geschichte der Frankfurter Juden von den Anfängen bis zur Zeit des Fettmilch-Aufstandes erschlossen. Der Forschung ist mit dem Lebenswerk Dietrich Andernachts ein unentbehrliches Hilfsmittel an die Hand gegeben.
Die Präsentation der Regesten findet statt am Freitag, 6. Juli, um 11:30 Uhr im Presse- und Informationszentrum der Stadt Frankfurt. Vorgestellt werden sie von Dr. Evelyn Brockhoff (Institut für Stadtgeschichte) und von Prof. Dr. Alfred Haverkamp (Arye Maimon-Institut, Universität Trier). Dr. Salomon Korn, Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, wird neben weiteren Vertretern der Speyerschen Hochschulstiftung ebenfalls erwartet. Die Bände sind in der Reihe Forschungen zur Geschichte der Juden beim Verlag Hahnsche Buchhandlung, Hannover, erschienen und können über den Buchhandel bezogen werden.
CC