Am 10. und 11. März 2011 veranstalten das Institut für jüdische Geschichte Österreichs und die Theologisch-Katholische Fakultät der Universität Wien gemeinsam mit dem Koordinierungsausschuss für christlich-jüdische Zusammenarbeit (Wien) eine Tagung zum Thema
Die Vernichtung der Wiener Judenstadt 1420/21 im Spannungsfeld zwischen Theologie und Politik
Die Geschichte der Juden im 15. Jahrhundert war in ganz Europa von Verfolgung und Vertreibung gekennzeichnet. Mit dem Niedergang der jüdischen Darlehensgeschäfte übten die Herrscher den Judenschutz nur noch nachlässig aus. In politischen Konflikten gerieten jüdische Gemeinden öfter zwischen die Interessensgruppen. Traktate und Predigten von Theologen und Priestern heizten allgemein die judenfeindliche Stimmung an. Die Wiener Judenstadt endete allerdings auf besonders grausame Weise: 210 jüdische Männer und Frauen wurden auf der Erdberger Lände verbrannt, weil sie die Taufe verweigerten, 800 Arme wurden vertrieben, die Synagoge geschleift. Dieser Justizmord ging als Wiener Gesera, als katastrophales Verhängnis in die jüdische Geschichtsschreibung ein.
Die Tagung untersucht die Frage, welche Faktoren diesen sogar für das Mittelalter ungewöhnlich grausamen Pogrom verursachten. Die politische Situation Hussitenkriege, interne Machtkämpfe wird ebenso diskutiert wie der Einfluss führender Wiener Theologen auf die geistige Befindlichkeit der Verantwortlichen und der Bevölkerung. Einige Vorträge setzen sich mit den jüdischen Reaktionen auseinander und suchen nach Gedächtnisspuren in jüdischen Quellen. Eine wissenschaftliche Führung zeigt den Ort des Geschehens, die Ausgrabungen am Judenplatz und die neu gestaltete Ausstellung zum jüdischen Mittelalter.
Auf dem Programm stehen Vorträge von Christian Lackner, Eveline Brugger, Birgit Wiedl, Klaus Wolf, Simon Neuberg, Martha Keil, Karl-Heiz Steinmetz und Johannes Heil sowie eine Führung im Jüdischen Museum am Judenplatz in Wien.