Archive for Oktober, 2018

Ausschreibung: Doktorand_innenforum der GEGJ (Amsterdam 2019)

Donnerstag, Oktober 11th, 2018

Die Gesellschaft zur Erforschung der Geschichte der Juden e.V. (GEGJ) lädt Doktorandinnen und Doktoranden, die zur jüdischen Geschichte in der Vormoderne (Mittelalter und Frühe Neuzeit) arbeiten, ein, ihr Promotionsvorhaben während eines zweitägigen Workshops in Amsterdam am 12. und 13. Juni 2019 vorzustellen. Die wissenschaftliche Leitung haben Frau Prof. Dr. Sabine Ullmann (Eichstätt) und PD Dr. Andreas Brämer (Hamburg). Zwei weitere Experten werden ebenfalls teilnehmen. Kooperationspartner ist die Universiteit van Amsterdam.

Das Kolloquium in Amsterdam ist das dritte in einer Reihe von Veranstaltungen, die die GEGJ regelmäßig für den wissenschaftlichen Nachwuchs organisiert. Nachdem die vergangenen Nachwuchsforen in Venedig und Worms abgehalten wurden, haben sich die Organisatoren diesmal für Amsterdam entschieden, weil diese Stadt ebenfalls eine zentrale Rolle im europäischen Judentum der Frühen Neuzeit spielte.

Eingeladen sind insgesamt bis zu zehn Doktorandinnen und Doktoranden, die sich in ihrer Dissertation der Geschichte und Kultur des aschkenasischen Judentums in der Vormoderne widmen. Im Mittelpunkt des Programms steht die Vorstellung der einzelnen Promotionsprojekte, für deren Diskussion auch entsprechend viel Zeit vorgesehen ist. Darüber hinaus wird eine fachlich geführte Besichtigung der Stätten jüdischer Geschichte in Amsterdam erfolgen. Die GEGJ zahlt den teilnehmenden Doktorandinnen und Doktoranden einen pauschalen Zuschuss zu den Reise- und Aufenthaltskosten in Höhe von 350,- €.

Elektronische Bewerbungen mit einer kurzen Projektskizze (maximal 3 Seiten) und einem Empfehlungsschreiben des Betreuers/der Betreuerin der Dissertation bitte bis zum 1. Februar 2019 an Frau Prof. Dr. Sabine Ullmann (sabine.ullmann@ku-eichstaett.de).

Brämer/Ullmann

CfP Interdisziplinäres Forum „Jüdische Geschichte und Kultur in der Frühen Neuzeit“

Montag, Oktober 1st, 2018

20. Arbeitstagung, 8.–10. Februar 2019, Stuttgart-Hohenheim

Die Stadt als Ort jüdischen Lebens in der Frühen Neuzeit

Die zahlreichen Vertreibungen bzw. Ausweisungen aus den deutschen Städten am Ende des Mittelalters und die starke Verbreitung des Landjudentums in Süddeutschland in der Folgezeit verleiten nur zu oft zu der Annahme, dass sich jüdisches Leben seitdem vorwiegend im ländlichen Raum abgespielt habe. Dabei lebte ein nicht unerheblicher Teil der Juden im Alten Reich auch während der Frühen Neuzeit in Städten.

Wie sich die Siedlungssituation der Juden nach der Krise des Spätmittelalters neu gestaltete und ausdifferenzierte und unter welchen Bedingungen noch oder wieder Juden in Städten wohnen konnten, möchte die Tagung des Forums 2019 thematisieren. Zugleich sollen die aus dieser Entwicklung resultierenden Lebensformen unter dem Oberbegriff »Leben in der frühneuzeitlichen Stadt« vergleichend in den Blick genommen werden. Dies ist gerade auch in der Stadtgeschichtsforschung zwar immer wieder als Desiderat erkannt, aber – abgesehen von Studien zu einzelnen Städten – bisher kaum untersucht worden.

Das frühneuzeitliche Spektrum der von Juden bewohnten Städte reichte von Metropolen wie Frankfurt und Prag sowie großen Handels- und Hafenstädten wie Amsterdam oder Hamburg über wenige kleinere Reichsstädte mit einer starken und kontinuierlichen jüdischen Ansiedlung (Friedberg, Worms) und fürstliche Residenzstädte verschiedenster Größenordnung bis hin zu mittleren und kleinen Landstädten. Letztere unterschieden sich in ihrer Lebensrealität oft kaum von ihrer ländlichen Umgebung. Systematisch noch kaum beachtet wurden schließlich die zahlreichen »Ausweichorte«, jüdische Ansiedlungen vor den Toren von Städten wie z.B. Köln (Deutz), Nürnberg (Fürth) oder Krakau (Kazimierz), in denen selbst keine jüdische Bevölkerung geduldet wurde. Nicht nur die Frage nach der Anwesenheit von Juden in einer Stadt ist damit von Belang, sondern genauso die nach ihrer Abwesenheit bzw. den Folgen derselben für die Umgebung der Stadt bis hin zu ganzen Systemen von »Ersatzsiedlungen« rings um eine Stadt und deren Bedeutung für die Juden.

Zur Charakteristik städtischer jüdischer Siedlung in der Frühen Neuzeit gehört ihre Rolle als Orte jüdischer Bildung, Gelehrsamkeit und Gerichtsbarkeit. Die räumliche, soziale und ökonomische Struktur in der Stadt war ungleich differenzierter als auf dem Land. Es bestand eine komplexe Gemengelage jüdischer und nichtjüdischer Räume. Die alltägliche Lebenswelt wurde bestimmt von Nachbarschaft und Konkurrenz sowohl innerhalb der Gemeinde als auch zur christlichen Umgebung und zu anderen jüdischen Gemeinden.

Wir laden alle zum Thema Forschenden ein, sich mit Beiträgen von maximal 25 Minuten, mit »Werkstattberichten« aus laufenden Forschungsprojekten und Dissertationsvorhaben an der Tagung des »Forums« zu beteiligen. Willkommen sind Beiträge, die Formen und Relevanz eines städtisch geprägten Judentums beleuchten: von juristischen Themen wie z.B. einem jüdischen Bürgerrecht im 15./16. Jahrhundert über Wirtschaftsgeschichte und Stadtplanung bis hin zu eher judaistisch ausgerichteten Vorträgen zur Gemeindeorganisation, Gelehrsamkeit oder gar Liturgie.

Neben Fallstudien zu den verschiedenen Facetten jüdischen Lebens in der Stadt der Frühen Neuzeit sind besonders auch Beiträge willkommen, die das Thema vergleichend bzw. systematisierend in den Blick nehmen. Beispielhaft seien einige Themenbereiche genannt:

  • Stadt vs. Land: Was charakterisierte städtisches, was ländliches Judentum – oder: wo endete das Land, wo begann die Stadt?
  • Städtische Gemeindetypologien: Wie und unter welchen rechtlichen, wirtschaftlichen und herrschaftlichen Rahmenbedingungen gestaltete sich die jüdische Wieder- bzw. Neuansiedlung in Städten seit dem 16. Jahrhundert? In welchen Regionen und unter welchen herrschaftlichen Konstellationen lebten Juden in städtischen Siedlungen in der Frühen Neuzeit? Welche Gemeindetypen entstanden in diesen Kontexten?
  • Welchen Einfluss hatten die großen Entwicklungen der Epoche wie Territorialisierung, Konfessionalisierung, Merkantilismus oder Aufklärung auf das jüdische Leben in der Stadt, welche lokale und regionale Ereignisse?
  • Wie gestalteten sich wirtschaftliche und soziale Beziehungen sowie Machtkonstellationen innerhalb der jüdischen Stadtgesellschaft, zwischen jüdischer und christlicher Einwohnerschaft und zwischen Juden und Obrigkeit
  • Welche jüdischen, christlichen und jüdisch/christlichen Orte und Raumstrukturen lassen sich in der Stadt unterscheiden?
  • Ist „städtische“ Judenfeindschaft ein eigenes Phänomen? Gibt es Vertreibungen auch aus frühneuzeitlichen Städten?
  • Inwieweit konnten jüdische Gemeinden an alte städtische Traditionen und Institutionen (z.B. Friedhofsnutzung) anknüpfen, wie Zentralitätsfunktionen ausbilden? Waren städtische Gemeinden wie im Mittelalter immer auch jüdische Zentralorte?
  • Welche überregionalen Netzwerke von Familien oder Gemeinden lassen sich beobachten?
  • Finden sich Lob und Kritik an der Stadt in der zeitgenössischen jüdischen Kultur?
  • Wurden innerjüdische Entwicklungen wie messianische und chassidische Strömungen oder die Haskala in der Stadt anders rezipiert und gelebt als auf dem Land?

Das seit 2000 bestehende »Interdisziplinäre Forum jüdische Geschichte und Kultur in der Frühen Neuzeit« dient dem Austausch von HistorikerInnen, JudaistInnen und allen, die sich wissenschaftlich mit Aspekten jüdischer Geschichte und Kultur vom späten Mittelalter bis ins 19. Jahrhundert beschäftigen. Mit seiner 20. Arbeitstagung wendet es sich einem Thema zu, das in besonderem Maße geeignet erscheint, diesem Jubiläum gerecht zu werden. Denn es geht darum, ein Kernthema jüdischer Existenz unter den gegebenen äußeren Rahmenbedingungen dieser Epoche in den Blick zu nehmen.

Die Arbeitstagung findet von Freitagabend bis Sonntagmittag, 8.-10. Februar 2019, in Kooperation mit dem Referat Geschichte der Katholischen Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart im Tagungszentrum Hohenheim statt. Die Vorbereitung haben Rahel Blum (Frankfurt a. M.), Ulrich Hausmann (Mainz/Wien), Ursula Reuter (Köln), Wolfgang Treue (Duisburg-Essen) und Rotraud Ries (Würzburg) übernommen. Wie bei Arbeitskreisen üblich, tragen die Teilnehmenden, auch Referentinnen und Referenten, ihre Kosten selbst. In Einzelfällen ist ein Zuschuss durch die Akademie oder die GEGJ möglich.

Bitte senden Sie Ihren Themenvorschlag mit einer Kurzbeschreibung des Projekts bzw. des geplanten Vortrags bis zum 25. Oktober 2018 an Ursula Reuter oder Wolfgang Treue unter tagung_2019@forum-juedische-geschichte.de.